öffentliche Projekte

MPM-HISTO (Histolution)

Multiphotonenmikroskopie für die schnittfreie H&E Histologie

 

Ziel des Projekts MPM-HISTO ist die Beschleunigung von Krebs-Operationen und die Vermeidung weiterer Operationen, um das Patientenwohl zu steigern und Kosten im Gesundheitssystem einzusparen. Zu diesem Zwecke entwickeln wir ein Mikroskop mit dem man entnommenes Tumorgewebe direkt im OP ohne großen Aufwand untersuchen kann, anstelle dieses erst umständlich in ein pathologisches Labor zu senden.

Mögliches Aussehen des zu entwickelnden Mikroskops.

Herausforderung und Lösung

Während einer Tumorentfernung kann der Chirurg oft nicht direkt erkennen, ob der Krebs vollständig herausgeschnitten wurde. Zur Beantwortung dieser Fragestellung wird das herausgeschnittene Gewebe in der Pathologie mikroskopisch untersucht und dem OP-Team telefonisch Rückmeldung gegeben. In der Pathologie wird das Gewebe schockgefroren, in hauchdünne Scheiben geschnitten, auf Objektträger aufgezogen und mit den Farbstoffen Hämatoxylin und Eosin (H&E) eingefärbt, bevor es von einer Pathologin unter dem Mikroskop betrachtet wird. Die Untersuchung kann die OP bis zu einer Stunde unterbrechen.

Bei bestimmten Tumoren wie z.B. Hautkrebs werden Patienten sogar über Nacht im Krankenhaus behalten, da hier eine aufwendigere Untersuchungsmethode notwendig ist. Beim sogenannten Paraffinschnitt wird im Gewebe erst über Nacht entwässert und geklärt, dann in Wachs eingegossen, geschnitten, aufgezogen, gefärbt und befundet. Diese Prozedur dauert in der Regel 24 Stunden.

Bei unserem neuartigen Mikroskopieverfahren hingegen wird das Gewebestück im OP nur kurz eingefärbt, direkt eingescannt und anschließend telemedizinisch von einem Pathologen befundet. Dadurch kann die gesamte Prozedur auf unter 15 Minuten verkürzt werden.

Komprimierte Aufnahme eines ca. 0,5x1cm großen Stück Schweineohrs mit unserem Multiphotonenmikroskopie-System. Um das unkomprimierte Originalbild mit voller Auflösung darzustellen, benötigt man über 60 4k Monitore. Die pink-lila Farbdarstellung entspricht den in der Pathologie gängigen Farbstoffen Hämatoxylin und Eosin.

Technik

Anstatt das Gewebe zu schneiden, erzeugen wir mithilfe der Multiphotonenmikroskopie einen virtuellen Schnitt durch das Gewebe. Dabei nutzt man den Effekt der Fluoreszenz aus, den man auch in der Disko unter der Schwarzlichtlampe kennt: Ein Farbstoff wird beleuchtet und strahlt in einer anderen Farbe zurück. Die ausgesandten Photonen haben dabei weniger Energie als die eingestrahlten. Bei der Multiphotonenfluoreszenz strahlt man nun gleichzeitig mit mehreren Photonen auf den Farbstoff, die nur in Summe die eigentlich notwendige Energie aufbringen, um Fluoreszenz hervorzurufen. Im Brennpunkt der Optik – und nur hier – treffen genug Photonen zur gleichen Zeit aufeinander, um evtl. Gebundenen Farbstoff zum Leuchten zu bringen. Nun scannt man mit dem Brennpunkt das Gewebe ab, um Pixel für Pixel ein Bild am Computer zu erzeugen. Dabei kann die genaue Scanebene frei gewählt werden und auch 3D Scans des Gewebes erzeugt werden, ganz ohne das Gewebe zu zerschneiden.

Schematische Darstellung von normaler Fluoreszenz und Zwei-Photonenfluoreszenz. Im linken Fall treffen mehrere Photonen (in blau dargestellt) aus dem Mikroskopobjektiv auf das Gewebe. Ihre Energie reicht aus, um überall Farbstoffe zur Fluoreszenz anzuregen (in grün dargestellt). Daher kann dieser Prozess im gesamten Interaktionspfad des Lichtes mit dem Gewebe geschehen. Rechts sieht man hingegen Zwei-Photonen-Fluoreszenz: Die Energie der einzelnen Photonen reicht nicht, um den Farbstoff zum Leuchten zu bringen. Nur zusammen besitzen sie genügend Gesamtenergie zum Anregen der Fluoreszenz und das geschieht nur im Brennpunkt des Mikroskopobjektivs

Die Technik der Multiphotonenmikroskopie existiert schon seit den 1990er Jahren. In der Regel sind dies aber heute noch raumfüllende Aufbauten, die aufwendig gewartet werden müssen. Im Gegensatz dazu, basiert unser Verfahren auf einem eigens entwickelten, besonders robusten Faserlaser, das auch wartungsfrei und kompakt in einem Operationssaal eingesetzt werden kann.

Entwicklungsvorhaben

Der Laser und dessen Anwendung wurden bereits bei uns im Labor getestet. Jedoch ist der Aufbau noch nicht von medizinischem Personal zu bedienen und unsere Aufnahmesoftware ist noch nicht für hohe Aufnahmegeschwindigkeiten optimiert. Während der Projektlaufzeit soll ein für die klinische Anwendung optimierter Technologiedemonstrator entwickelt werden und erste systematische Studien durchgeführt werden.

Kontakt: jan.kolb(at)uni-luebeck.de

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